Von Bunkern und Schützengräben

„Sieh, das Gute liegt so nah“ – Goethe.
Hier oben fühlen wir uns an dieses Zitat erinnert. Unglaublich, da biken wir in Norwegen, Korsika, den britischen Inseln und weiß der Geier wo herum, dabei ist es ganz nahe der Heimat atemberaubend schön. Nicht dass wir das nicht gewußt hätten, leben wir doch (O-Ton) „dort wo andere Urlaub machen“, aber das hätten wir an diesem Wochenende einfach nicht erwartet.

Doch jetzt mal der Reihe nach. In letzter Zeit ist es bei mir fast zu einer Obsession geworden, Wanderkarten zu kaufen und diese nach fahrbaren Trails und Gipfeln abzugrasen. Doch bei dieser Karte, die ich mir vor einem Jahr eigentlich nur als „Lückenfüller“ besorgt hatte verschlug es mir beinahe die Sprache. Im Hinterland dieses schroffen Tales ganz nahe an der Grenze zu Österreich gibt es sanfte Zweitausender, den Nockbergen gar nicht unähnlich. Und das beste: die meisten sind ohne großen Aufwand auf alten Militärwegen erreichbar. Diese oft gut erhaltenen, aber manchmal auch zum Trail verwandelten Zeitzeugen sind wirklich das einzig positive was der erste Weltkrieg uns gebracht hat.

Okay, soviel war uns also nach dem Kartenstudium klar. Was uns aber wirklich überraschte und natürlich auch mit dem Traumwetter das wir erwischten zu tun hatte, war das überwältigende Panorama. Im Westen die Belluneser Dolomiten, im Süden der Blick bis zum Meer und im Norden einige schroffe Bekannte von anderen Wander- und Bikeabenteuern. He, und da im Osten ist unser Winter-Homespot! Dazu eine Einsamkeit die befreiend wirkte und dieses Bergerlebnis intensivierte. Also hieß es erst mal hinsetzen und die italienische Jause inklusive sprudelndem Zuckerspender für die Abfahrt auspacken. Auch das gehört mit zu den schönsten Gipfeln.

Apropos Abfahrten: auch diese gestalten sich äußerst „geschmeidig“ (um das viel genannte „f…ig“ mal nicht zu strapazieren. Im Vergleich zu den Trails die wir uns sonst suchen fast schon langweilig. Keine Spitzkehren, Absätze, Absturzgefahr oder andere Adrenalinbeschleuniger. Aber deswegen sind wir auch nicht hier. Es geht um Genuss und Panorama und mal nicht um 1000 Tiefenmeter mit 100 Prozent Konzentration.

Dass es mit dem Genuss nicht am Ende des Trails vorbei ist, dafür sorgt schon der ein oder andere Aperol Spritzer, ein Birra grande oder das fantastische Abendessen in unserer Unterkunft.

Der nächste Tag zeigt ein ähnliches Bild. Wir starten mit dem Auto um unseren Rückweg etwas einfacher zu gestalten. Die Auffahrt in der brütenden Hitze ist anstrengend genug. Aber hier oben offenbart sich neben der Aussicht ein weiterer Vorteil für sommerlich transpirierende Biker. Es gibt einige kleine Seen die zu einem erfrischenden Bad förmlich einladen. Auch an diesem Tag teilen wir uns das Wasserloch und die Almen nur mit Kühen. Wanderer? Fehlanzeige. Lediglich unsere motorisierten Artkollegen, Enduro Biker, haben die Militärstraßen dieses Gebiets ebenfalls entdeckt. Aber die sind so schnell wieder weg wie sie gekommen sind.

Und dann das Highlight des Tages: eine kilometerlange Hangquerung die keinen Vergleich mit viel gerühmten Alpentouren zu scheuen braucht. Noch dazu kaum verblockt und mit Speed zu genießen. Später dropt der Weg links weg in den Wald und siehe da, es wird doch verspielt-technisch. Entlang einiger Markierungen für einen Berglauf rauschen wir fast lautlos über den Nadelteppich um schließlich in einem der vielen kleinen Dörfer wieder den Himmel über uns zu sehen. So, jetzt gemütlich auf ein Cola, oder doch gleich ein Bier? Andererseits, da drüben ist die Gondel…