Camp Kanaltal I – Alpe Adria Deluxe

Besorgt zappe ich die verschiedensten Wetterdienste durch, doch dieses Mal scheint es so, als bliebe auch durch das stündliche Drücken der F5 Taste das Wetter für unser erstes viertägiges Camp der Saison bescheiden. Das sind die Momente im Leben eines Guides, in denen einem bewusst wird, dass man zwar viele vorausplanen und beeinflussen kann – aber das Wetter definitiv nicht. Die leicht nervösen Nachrichten der CampteilnehmerInnen, was wohl ist, wenn das Wetter schlecht bleibt, beruhigen auch nicht wirklich. Aber was solls, ich bin Guide – ich kann zwar innerlich verunsichert sein, aber nach außen hin denke ich positiv – sollte ja helfen – und versuche die Leute mit Sprüchen wie „es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung“, „brav aufessen, damit das Wetter passt“ und „wenn Engelchen reisen,….“ bei Laune zu halten. Und siehe da, irgendein Spruch scheint gewirkt zu haben, denn die Regenjacke blieb im Rucksack und die Sonne war unser fast stetiger Begleiter, nur die Gewitterwolken, die sich rundherum immer wieder zusammenbrauten verkürzten unsere Verweildauer am Gipfel – aber damit kann Frau Guide leben.

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Moggio Udinese ist ein kleines Dorf im Kanaltal, das trotz des Erdbebens im Jahr 1976 bis heute seine Faszination bewahrt hat. Noch mehr Faszination bieten die Trails die sich quasi in allen Himmelsrichtungen rund um Moggio ausbreiten. Es lag also auf der Hand, dass wir diesem Juwel endlich auch einen mehrtägigen Besuch abstatten mussten. Der erste Tag sollte bereits richtungsweisend für die folgenden sein und obwohl die Gruppe bunt zusammengewürfelt war und sich nicht kannte, war vom ersten Rollen weg die Stimmung heiter, lustig und vertraut. Vielleicht lag das auch daran, dass just im Moment der Camp Begrüßung und der Frage ob Schlauch und Co eingepackt sind, es beim Reifen des Guides zischte :-). Milch sei Dank war das Problem aber binnen Sekunden behoben und das Gesprächsthema für die ersten 500HM gesetzt: „Milch oder Schlauch“? Apropos bergauf, da musst ich mir als Guide viele Motivationssprüche zurechtlegen, denn der Hinweis auf die Steilheit wurde anscheinend nicht so ernst genommen. Steil hin oder her das Lächeln verschwand nur ganz selten aus den Gesichtern und Faszination machte sich bereit, als man die verlassenen Dörfer erreichte. Jetzt war allen klar, warum ich die erste Tour als historisches Trailvergnügen bezeichnet hatte. Bei diesen Dörfern bekommt das Wort „Hometrails“ wieder eine komplett neue Bedeutung. Die letzten Meter des Trails verlaufen sozusagen „im Bach“, was gleich als kurze (nicht immer ganz freiwillige) Abkühlung genutzt. Trotz der äußerlichen Erfrischungen war aber die Sehnsucht nach einer innerlichen Erfrischung nicht gestillt und so fühlten sich die letzten 200HM retour ewig an und die Motivation wurde kurz und knapp mit „denkt an den Aperol Sprizz“ aufrechterhalten.

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Wenn man morgens in Italien von Kaffeeduft geweckt wird, kann auch der trübe Himmel die Stimmung nicht verderben. Wenn dann noch dazu ein Frühstückstisch gedeckt ist, der seinesgleichen sucht und die Vermieterin dich anlächelt, sich nochmals versichern möchte ob alles zu unsere Zufriedenheit ist und eine selbstgemachte Köstlichkeit nach der anderen serviert, kann nicht mehr viel schief gehen. Auch meine Mahnung an die Gruppe – die Regenjacke würde ich heute nicht zuhause lassen – wurde lachend wahrgenommen. Das Wetter war mittlerweile jedem egal – kann natürlich auch daran liegen, dass für heute eine Tour am Programm steht, bei der man jederzeit umdrehen kann – denn gleicher Weg rauf und gleicher Weg runter. Einen Trail bergauf fahren, der runter auch Spaß macht, war für viele nicht ganz verständlich, aber heute war Flowtag – Uphill und Downhill. Trotzdem machten sich bei einigen die lange Winterpause und das schwüle Wetter bemerkbar. Somit wurde kurzerhand entschlossen, das „Viertelbankerl“ eingeführt und es gab nach jeweils 250 Höhenmetern eine Pause. Letztendlich waren wir dann aber alle happy am Gipfel. Die Aussicht grandios, der Blick zur morgigen Tour gegeben und die Freude auf die Abfahrt überflügelte die Strapazen. Eine flowige Spitzkehre nach der anderen brachte uns alle zum „Juchazen“ und die Kurventechnik wurde geübt und geübt und geübt. Gorilla, Beinstellung, Schulterauge waren wohl die häufigsten Wörter die wir uns gegenseitig zuriefen. Lachend beim Aperol sitzend, gab es dann nochmals einen kleinen Schock – anscheinend waren wir heute am Zeckenberg – unser lieber Werner hörte bei 7 kleinen Zecken auf zu zählen.

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Tag drei – der wohl gefürchtetste Tag bei Camps. Die ersten Ermüdungserscheinungen machen sich breit und, warum auch immer, fühlt man sich am dritten Tag zumeist schlechter als am vierten. Ein bisschen angeschlagen vom Vortag und den Vorabenden 😉 wurde beraten, wie wir doch gemeinsam die Königsetappe bezwingen könnten. Der Trail bergab verspricht einiges, also wollen alle rauf. Somit wurde die Gruppe kurzerhand in eine Tret- und eine Shuttlegruppe geteilt um letztendlich wieder gemeinsam am Gipfel zu stehen und genug Power und Konzentration für die 1400 Tiefenmeter Abfahrt zu haben. Wer jetzt glaubt, dass die Shuttler sich den Berg ohne Schweiß verdient haben, liegt falsch. Raus aus dem Auto wartete schon die erste Rampe und dann nach 300 Höhenmetern Treten war Schluss und das Bike musste geschoben bzw. geschultert werden. Am Gipfel genossen wir dann die Landschaft, faszinierend – man fühlt sich fast hochalpin und das mitten im Kanaltal. Gerne würden wir noch länger am Gipfel verweilen, aber die Uhr tickt und wir wollten ja schließlich wieder trocken zuhause ankommen. Der Trail runter bietet alles was ein Wegerl zu bieten hat, zuerst ein bisschen rassiger, ausgesetzt, der Untergrund an den Monte Grappa erinnernd und die Spitzkehren nicht für alle fahrbar geht der Trail nach 300 Höhenmetern in einen super flowigen spaßigen Waldweg über der schier unendlich wirkt und uns in einem urigen Bergdörfchen rauswirft. Durch lenkerbreite Gassen machen die letzten paar Tiefenmeter auch auf Asphalt enorm viel Spaß und am Kirchplatz angekommen lädt ein uriges Kaffee von anno dazumal zum Verweilen ein.

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Der letzte Tag stand am Programm, das Frühstück war wie jeden Tag genial. Wir wollten uns gar nicht von der traumhaften Unterkunft verabschieden. Der Blick Richtung Himmel sagte uns, dass wir auch heute eine Tour starten können. Aufgrund der super Kondition der Tretergang und Shuttlebereitschaft der Konditionsschwächeren sei Dank wurde der Plan kurzerhand umgeworfen und man entschied sich, statt der kurzen Hausrunde doch noch einen 900 Tiefenmeter Trail in Angriff zu nehmen. Geplant – geklappt, gab es zwar dieses Mal keinen Cappuccino aber dafür wieder eine trockene Ankunft auch am letzten Tag des „wetterunbeständigen“ Camps.

Somit bleibt zu sagen – Ende gut alles gut und das Sprichworte „Wenn trailproof Engerl reisen, …“ wird ab sofort wohl das Mantra für alle unsere Camps sein.

Text & Fotos: Eva Britzmann